Kleine Zeitung vom 21.01.2023 zum Thema
Lichtverschmutzung und Lichtsmog. Große Gedanken,
die auch bei uns im Ort zum Nachdenken fordern. LED-Ketten wurden erst kürzlich an den Häusersilhouetten im Ortskern von Kötschach und Mauthen ohne vorheriger Bürgerbefragung, in einer "Nacht- und Nebelaktion" und gegen den Willen vieler Menschen montiert.
Und die Sterne gehen nicht mehr auf
Lichtsmog, der Mensch und Umwelt direkt betrifft, nimmt laut Studie dramatisch zu. Der urbane Raum erstrahlt im LED-Meer, der nächtliche Sternenhimmel verblasst.
Von Thomas Golser
Es sind alarmierende Erkenntnisse, zu denen ein internationales Forschungsteam um den Physiker Christopher Kyba vom deutschen Geo-Forschungszentrum in Potsdam kommt: Die Lichtverschmutzung, also die Durchsetzung der Nacht mit künstlichen Lichtquellen, hat in den letzten Jahren noch stärker zugenommen als befürchtet. Eine umfangreiche neue Studie, in die Beobachtungen von 50.000 Menschen im Rahmen des "Citizen Science"-Projekts "Globe at Night" eingingen, lässt keine Zweifel am Lichtsmog.
Für Europa kam das Forschungsteam dabei zu dem Ergebnis, dass der Nachthimmel seit 2014 pro Jahr um rund 6,5 Prozent heller geworden ist, in Nordamerika kam es sogar zu einem Plus von 10,4 Prozent. Als weltweiten Durchschnitt berechnete Kyba eine Helligkeitszunahme von 9,6 Prozent pro Jahr. Das bedeutet auch: "Ein Kind, das bei seiner Geburt 250 Sterne sieht, wird an seinem 18. Geburtstag am gleichen Ort weniger als 100 Sterne sehen können", so die Studie. Im urbanen Raum gibt es mittlerweile Generationen, die den Nachthimmel nur noch erhellt kennen.
Ein klar wahrnehmbarer Tag-Nacht-Wechsel ist für den Organismus unabdingbar: Zu viel blaues Licht in den Abendstunden kann die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin bremsen und Zellen schädigen. Im Interview mit der Kleinen Zeitung betont Kyba, dass Beobachtungen, die von 2011 bis 2022 gemacht wurden, auf noch mehr Lichtsmog schließen lassen, als ohnehin schon mit Erdbeobachtungssatelliten messbar ist: "Klar ist, dass sich die Art der Beleuchtung massiv veränderte. Grelle Leuchtreklamen etwa sind vom All aus nicht messbar - horizontal abgestrahltes Licht macht aber den größten Teil des Himmelsleuchtens aus. Es geht zudem um die ,Farbe' des Lichtes: Der einzige Satellit, der den gesamten Planeten abbilden kann, vermag Blaulicht im Wellenlängenbereich zwischen 380 und 500 Nanometern nicht zu registrieren", erklärt Kyba. Eben dieses Licht erfüllt in Form von LED die Welt von heute.
Die Politik, insbesondere die EU, hat das Problem noch nicht gebührend am Radar. Einzelne Länder wie Frankreich setzten jedoch Maßnahmen: Bereits seit 2013 gibt ein Gesetz vor, dass ungenutzte Gebäude, Shoppingzentren, Schaufenster und Sehenswürdigkeiten in Städten von 1 Uhr nachts bis 7 Uhr morgens nicht mehr beleuchtet werden dürfen.
Kyba sieht es auch philosophisch: "Vielleicht waren Generationen vor der Verbreitung des elektrischen Lichts ab den 1880er-Jahren mit ihrem unverstellten Blick nach oben reflektierter."
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Ortskernbelebung, Ortsmarketing, Ortsgestaltung | 5 vor 12
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